Ein Thema, dass sich durch unser ganzes Jahr 2018 zog, war die aktuelle Debatte um koloniale Beutekunst und deren Restitution. Ich entdeckte einen interessanten Podcast dazu bei Deutschlandfunk Nova. Die Kunsthistorikerin Prof. Dr. Bénédicte Savoy hielt eine Vorlesung dazu, welche ich nur wärmstens empfehlen kann. Sie ist auf Deutschlandfunk Nova abrufbar: Link zum Podcast von Deutschlandfunk Nova „Raubkunst: Wem gehören die Kulturgüter?“.
Besondere Aktualität hat dieser Konflikt, da in Berlin die Eröffnung des Humboldt-Forums im wiedererrichteten Stadtschloss bevorsteht und dort die reichhaltige deutsche Sammlung solcher Exponate ausgestellt werden soll. Ich hatte nach dem Hören des Podcasts die Vorstellung, schnell nochmal nach Berlin zu reisen und auf der Museumsinsel die entsprechenden derzeitigen Ausstellungsorte aufzusuchen, bevor die Kunstwerke wieder zurück in die Herkunftsländer gehen. Ich schätze früher oder später wird es dazu kommen müssen. Bénédictine Savoy und der senegalesische Ökonom, Autor und Musiker Felwine Sarr regten dies in ihrem Bericht für den französischen Präsidenten zur Aufarbeitung der Kolonialzeit an und stürzten damit die Kulturpolitiker auch anderer europäischer Länder, darunter Deutschland, in Erklärungsnot.
Da der Berlintrip sowieso geplant war, ergab sich im Frühjahr 2018 die Gelegenheit, das Alte Museum zu durchstreifen. Ein für uns besonders interessantes Ausstellungsstück in Berlin sahen wir dort allerdings nicht, denn es wird im Ethnologischen Museum Berlin-Dahlem aufbewahrt: der Thron des Königs Njoya. Der unter anderem wegen der Erfindung der einzigen subsaharischen Schriftsprache berühmte Herrscher der Bamun im Westen Kameruns hatte ihn dem deutschen Gouverneur 1908 „geschenkt“, nachdem er heimlich eine Kopie des Throns hatte anfertigen lassen, auf der er danach präsidierte.
Ein Foto des Throns findet Ihr hier.
Ironischer Weise führte uns auf unserer Kamerunreise im Sommer 2018 ein Ausflug ins Nationalmuseum in Jaunde, wo leider nur eine Kopie der Kopie des Throns ausgestellt ist. Warum also in die Ferne reisen, wenn das Echte so nah liegt…

Die groteske Situation, dass die Originalkunstwerke in der westlichen Welt verstreut sind, während an den Herkunftsorten, wenn überhaupt, nur noch Kopien zu sehen sind, wird auf amüsante Weise im Buch „Mona Lisa in Bangoulap“ von Arno Bernina auf die Spitze getrieben. In diesem kurzweiligen Text beschließen die Ältesten eines Stammes in Kamerun einen Brief an die französische Kulturverwaltung zu schreiben und freien Eintritt in die Museen mit kolonialer, afrikanischer Raubkunst zu fordern. Die anfängliche Ignoranz der Adressaten des Briefs führt rasch zu aberwitzigen Verwicklungen und Konsequenzen, welche der Diskussion um koloniale Beutekunst eine weitere, fantasievolle Betrachtung hinzufügen und ihre bekannten Argumente schnell alt aussehen lassen.